Einziehung von Kryptowährungen bei Geldwäscheverdacht

28.12.2021

Ein weit verbreiteter Irrglaube besteht darin, dass aus Straftaten stammendes (inkriminiertes) Vermögen nur nach gerichtlicher Feststellung einer Straftat und entsprechender Verurteilung eingezogen werden kann. 

 

 

Hierbei wird jedoch die im Jahre 2017 geschaffene Möglichkeit der selbstständigen Einziehung nach § 76a Abs. 4 Strafgesetzbuch (StGB) übersehen. Bei dieser handelt es sich um ein eigenständiges Verfahren, das unabhängig neben einem "normalen" Strafverfahren gegen den Beschuldigten geführt werden kann.

Es geht hier also nicht um die Frage nach (persönlicher) Täterschaft und Schuld, sondern darum, ob der vermeintlich inkriminierte Gegenstand mit überwiegender Wahrscheinlichkeit illegal verstrickt ist. Das bedeutet für den Betroffenen, dass das in Verdacht stehende Vermögen selbst bei Freispruch eingezogen werden könnte. Im Jahre 2021 wurde diese Form der Einziehung sogar auf Nutzungen (worunter gegebenenfalls etwa Staking- oder Lending-Erträge fallen) erweitert.

Die Hürden für die Annahme eines Anfangsverdachtes sind dabei nicht sonderlich hoch – grundsätzlich muss es aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte und nach kriminalistischer Erfahrung möglich erscheinen, dass eine verfolgbare Tat vorliegt. 

Da der § 76a Abs. 4 StGB auch auf die Geldwäsche nach § 261 StGB verweist und diese seit der neuesten Reformierung mit dem sogenannten „all-crime“ - Ansatz jegliche rechtswidrige Taten als taugliche Vortaten genügen lässt, kommt es – gerade im Zusammenhang mit Kryptowährungen – zu immensen Synergieeffekten.

Ob Steuerhinterziehung, Betrug oder die Beteiligung an einem unerlaubten Glücksspiel (beispielsweise bei nichtgenehmigten NFT-Pokerturnieren) - falls ein Zusammenhang mit einer Straftat aus Sicht der Ermittlungsbehörden möglich ist oder aber der aufgefundene Vermögensgegenstand dem Wert nach nicht zu dem üblichen Einkommen oder den Lebensumständen des Einziehungsadressaten passt, könnte ein hinreichender Anfangsverdacht vorliegen. 

Flankiert wird dies von einer oftmals noch so praktizierten staatsanwaltschaftlichen Handhabe, die Hürden für das Vorliegen eines Anfangsverdachts bei Sachverhalten im Zusammenhang mit Kryptowährungen oder dem Darknet noch leichter als überwunden anzusehen, frei nach dem Motto: 

Wer (umständlich) mit Kryptowährungen zahlt, hat sicherlich etwas zu verbergen.“

Das Resultat einer solchen selbstständigen Einziehung ist der Eigentumsübergang der in Frage stehenden Vermögensgegenstände (Kryptowährungen / NFTs) auf den Staat, was oftmals den Inhalt der gesamten (in Verdacht stehenden) wallet betreffen dürfte.

Aufgrund der weitreichenden Folgen sind sowohl eine lückenlose Transaktionshistorie als auch die rechtzeitige Konsultation eines auf Kryptowährungen spezialisierten Strafverteidigers unerlässlich. 

Für Rückfragen und die frühzeitige Risikominimierung in diesen Fragen rund um das Thema Kryptowährungen und NFTs steht Ihnen unsere Kanzlei gerne zur Verfügung.

 

von Rechtsanwalt Martin Figatowski, LL.M. (Tax) und stud. iur. Chingiz Machitadze 




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