Abzug der Instandhaltungsrücklage bei der Grunderwerbsteuer nicht mehr möglich | BFH v. 16.09.2020 - II R 49/17

10.02.2021

Die Entscheidung des Bundesfinanzhofes bezog sich auf die rechtliche Frage, ob eine übernommene Instandhaltungsrücklage beim Erwerb von Teileigentum die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG mindert.

 

In der Entscheidung erwarb der Kläger mit notariellem Kaufvertrag Sondereigentum an vier Gewerbeeinheiten und neun Tiefgaragenstellplätzen. In dem Kaufvertrag heißt es, der Anteil des Verkäufers an den gemeinschaftlichen Geldern (Vorschüsse, Instandhaltungsrücklage usw.) gehe bei Besitzübergang auf den Käufer über. Der Kaufpreis betrug 40.000 €. Das Finanzamt setzte die Grunderwerbsteuer ohne Minderung der Bemessungsgrundlage um die Instandhaltungsrücklage von insgesamt 14.815,19 € fest. Der Einspruch und die Klage blieben erfolglos.

Der BFH entschied, dass beim Erwerb von Teileigentum der vereinbarte Kaufpreis als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu mindern ist. Denn Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer ist gemäß § 8 Abs. 1 GrEStG die Gegenleistung. Nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ist grundsätzlich der Kaufpreis als Bemessungsgrundlage anzusetzen. 

Die anteilige Instandhaltungsrückstellung ist Teil des Verwaltungsvermögens der Wohnungseigentümergemeinschaft und damit nicht Vermögen des Wohnungseigentümers, sondern Vermögen eines anderen Rechtssubjekts. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist ein vom jeweiligen Mitgliederbestand unabhängiger teilrechtsfähiger und parteifähiger Verband sui generis. Ihr gehört nach § 10 Abs. 7 Satz 1 WEG das Verwaltungsvermögen. Die Wohnungseigentümer haben keinen Anteil am Verwaltungsvermögen, über den sie verfügen können. Ein rechtsgeschäftlicher Erwerb dieser Position ist zivilrechtlich nicht möglich.

Die Entscheidung ist wohl im Ergebnis als auch in der Begründung konsequent. Angesichts der vergangenen Erhöhungen bei den Grunderwerbsteuersätzen (z.B. in NRW auf 6,5 %) und den damit verbundenen Rekordeinnahmen des Staates bei der Grunderwerbsteuer sind die finanziellen Belastungen beim Erwerb von Wohnungseigentum stark gestiegen. Da die Instandhaltungsrücklage von der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage nunmehr nicht mehr abgezogen werden darf, führt dies zu einer weiteren Erhöhung der Kaufnebenkosten.

Viele Finanzämter haben bislang Einsprüche gegen die Grunderwerbsteuerbescheide, in denen der Abzug der Instandhaltungsrücklage verwehrt wurde, bislang von der Bearbeitung ausgesetzt. Nach dieser Entscheidung ist allerdings davon auszugehen, dass die Bearbeitung mit (negativer) Entscheidung kurzfristig fortgesetzt wird.

 

von Rechtsanwalt Martin Figatowski, LL.M. (Tax)




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