2021: Selbstanzeige bei Steuerhinterziehungen mit Bitcoin etc. | 1,2 Mrd. € Steuereinnahmen in 2020?
14.01.2021
Nach dem Jahr 2017 war das Jahr 2020 für die meisten Anleger von Kryptowährungen sehr erfreulich. Nach der aktuellen "Schätzung" des Frankfurt School Blockchain Center beträgt das potenzielle Steueraufkommen aus Kryptowährungen im Jahr 2020 ca. 1,2 Mrd. Euro. Zur Erinnerung, im Jahr 2017 war es noch ein potenzielles Steueraufkommen von 726 Mio. Euro.
Es braucht nicht viel Phantasie, um zu erkennen, dass das Finanzamt dieses Steuersubstrat natürlich auch in irgendeiner Form einziehen möchte.Die aktuelle Steuerschätzung sollte ein weiterer Grund für alle Kryptoanleger sein, die bislang ihre Veräußerungseinkünfte aus Kryptowährungen aus dem Jahr 2017 nicht gegenüber dem Finanzamt erklärt haben, nun "reinen" Tisch zu machen.
Es gibt jedoch eine Reihe von Besonderheiten, die bei der Selbstanzeige zu berücksichtigen sind.
Eine Selbstanzeige nach § 371 AO setzt voraus, dass zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart (z.B. Einkommensteuer) in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachgeholt werden. Die korrigierten Angaben müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre, erfolgen.
Beispiel:
Bob hat in dem Jahr 2017 einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn aus Kryptowährungen in Höhe von 15.000 Euro erzielt und diesen bewusst gegenüber dem Finanzamt nicht erklärt. In den Jahren 2018 und 2019 hatte er einen Verlust. Im Jahr 2020 wird er voraussichtlich einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 20.000 Euro erzielen. Da ihm die "Kiste zu heiß" wird, fragt Bob seinen Rechtsanwalt im Dezember 2020, ob er alle Gewinne oder nur die aus dem Jahr 2020 gegenüber dem Finanzamt erklären soll.
Lösung (vereinfacht):
Bob hat im Jahr 2017 durch die bewusste Nichtangabe seiner Gewinne aus Kryptowährungsgeschäften eine Steuerhinterziehung begangen. Würde er die Gewinne nur für das Jahr 2020 gegenüber dem Finanzamt erklären, besteht die Gefahr, dass das Finanzamt hinsichtlich der alten Jahre nachfragt und schlimmstenfalls ein Steuerstrafverfahren einleitet. Damit Bob straffrei bleibt, ist daher die Abgabe einer Selbstanzeige nach § 371 AO erforderlich. Darin müssen Angaben zu allen Steuerstraftaten des zehnjährigen Nacherklärungszeitraums getätigt werden.
Gerade die Aufarbeitung der letzten Jahre ist im Einzelfall äußerst mühsam (und kostspielig). Es müssen alle Einnahmen und Ausgaben zu allen Einkunftsquellen einer Steuerart (bei der Einkommensteuer neben den sonstigen Einkünfte nach § 23 EStG z.B. auch Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit sowie aus Kapitalvermögen) der letzten 10 Jahre überprüft werden.
Tipp:
Kryptoanleger können die Kosten einer Aufarbeitung deutlich reduzieren, wenn die relevanten Unterlagen vollständig vorbereitet werden. Zu den relevanten Unterlagen gehören die vergangenen Steuererklärungen und darauf ergangene Steuerbescheide sowie Kontoauszüge. Liegen die Unterlagen nicht vor, kann ggf. unter Zuhilfenahme von Emails der steuerlich relevante Sachverhalt rekonstruiert und bewertet werden.
Im günstigsten Fall werden bei einer vollständigen und richtigen Selbstanzeige "nur" die entsprechenden Steuerbescheide geändert. In diesem Fall können noch Nachzahlungszinsen nach § 233a AO entstehen.
Regelmäßig kommt es aber zu der Einleitung eines Strafverfahrens. In diesem Strafverfahren wird sodann die Wirksamkeit der Selbstanzeige überprüft. Sind die Angaben vollständig und richtig ist mit einer Einstellung zu rechnen. Daneben sind noch Hinterziehungszinsen nach § 235 AO zu entrichten. Etwaige Nachzahlungszinsen sind nach § 235 Absatz 4 AO auf die Hinterziehungszinsen anzurechnen.
Gerade bei länger zurückliegenden Zeiträumen können die Zinsen erhebliche wirtschaftliche Bedeutung haben. Der Zinssatz beträgt 0,5 % pro Monat und 6 % pro Jahr.
Es empfiehlt sich somit, eine Selbstanzeige gegenüber dem Finanzamt wegen bisher nicht erklärter Veräußerungsgewinne aus Kryptowährungen - insbesondere bei größeren Veräußerungsgewinnen - nur mit Hilfe eines auf das Steuerstrafrecht und Kryptowährungen spezialisierten Rechtsanwalts oder Steuerberaters abzugeben.
von Rechtsanwalt Martin Figatowski, LL.M. (Tax)
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