Investments in Bitcoin und Ethereum oder Aktien — Was ist (aus steuerlicher Sicht) besser?
03.01.2021
Es ist gerade erst Anfang 2021, aber die Kurse insbesondere von Bitcoin und Ethereum explodieren wieder. Da Investitionen in Kryptowährungen zunehmen, fragt sich vielleicht der eine oder andere interessierte Privatanleger, ob er auf den Zug aufspringen oder doch lieber in normale Aktien investieren soll.
Was die steuerlichen Unterschiede bei dem Verkauf von Aktien und von Kryptowährungen sind, soll nachfolgend dargestellt werden.
Besteuerung des Verkaufs von Kryptowährungen
In einem früheren Artikel habe ich bereits dargestellt, dass Veräußerungsgeschäfte mit Kryptowährungen von Privatanlegern grundsätzlich als privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Einkommensteuergesetz (EStG) erfasst werden. Liegt zwischen Anschaffung und Verkauf der Kryptowährungen weniger als ein Jahr und ist die Freigrenze (kein Freibetrag) von 599 Euro im Jahr überschritten, muss der gesamte Veräußerungsgewinn versteuert werden. Ist diese Spekulationsfrist von einem Jahr schon abgelaufen, ist die Veräußerung der Kryptowährung steuerfrei.
Der Veräußerungsgewinn bzw. Veräußerungsverlust ist der Unterschied zwischen Veräußerungspreis einerseits und den Anschaffungskosten sowie den Werbungskosten (insbesondere die Transaktionskosten) andererseits.
Veräußerungspreis
./. Anschaffungskosten
./. Werbungskosten
= Gewinn / Verlust
Der Gewinn aus dem privaten Veräußerungsgeschäft ist schließlich mit dem persönlichen Steuersatz zu versteuern.
Besteuerung des Verkaufs von Aktien
Die Veräußerung von Aktien aus dem Privatvermögen gehört zu den Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 EStG.
Der Veräußerungsgewinn wird grundsätzlich wie bei dem Verkauf einer Kryptowährung berechnet.
Von dem Kursgewinn ist jedoch anstatt der „echten“ Werbungskosten ein Sparerpauschbetrag in Höhe von 801 Euro (Ledige) bzw. 1.602 Euro (Verheiratete) abzuziehen (§ 20 Abs. 9 EStG). Der Steuersatz auf Veräußerungsgeschäfte mit Aktien beträgt 25 % (sogenannte Abgeltungssteuer). Allerdings kann das Finanzamt im Wege der Günstigerprüfung einen niedrigeren Steuersatz als 25 % zu Grunde legen, wenn die sonstigen Einkünfte ohne die Kapitaleinkünfte weniger als 25 % betragen.
Beispiel
Bob ist 30 Jahre alt, ledig und in Vollzeit als Arbeitnehmer mit einem Bruttogehalt von 40.000 Euro beschäftigt. Sein Steuersatz beträgt ohne jegliche Veräußerungsgeschäfte ca. 19 %.
Im Jahr 2020 hat er (alternativ) folgende Geschäfte getätigt:
1. Privates Veräußerungsgeschäft mit Bitcoin (Haltefrist > 1 Jahr):
Anschaffungspreis: 4.000 Euro | Verkaufspreis: 24.000 Euro | Transaktionskosten: 400 Euro
2. Privates Veräußerungsgeschäft mit Ethereum (Haltefrist < 1 Jahr):
Anschaffungspreis: 4.000 Euro | Verkaufspreis: 24.000 Euro | Transaktionskosten: 400 Euro
3. Veräußerung von Aktien der A-AG (Haltefrist > 1 Jahr):
Anschaffungspreis: 4.000 Euro | Verkaufspreis: 24.000 Euro | Transaktionskosten: 400 Euro
4. Veräußerung von Aktien der B-AG (Haltefrist < 1 Jahr):
Anschaffungspreis: 4.000 Euro | Verkaufspreis: 24.000 Euro | Transaktionskosten: 400 Euro
Lösung
Variante 1:
Bob hat folgenden Veräußerungsgewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG erzielt:
24.000 Euro
./. 4.000 Euro
./. 400
= 19.600 Euro
Die Veräußerung der Bitcoins erfolgte außerhalb der Haltefrist und ist somit steuerlich unbeachtlich. Bob kann den Veräußerungsgewinn in Höhe von 19.600 Euro komplett steuerfrei vereinnahmen.
Variante 2:
Bob hat in dieser Variante ebenfalls einen Veräußerungsgewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG in Höhe von 19.600 Euro erzielt. Die Veräußerung der Ether erfolgte allerdings innerhalb der Haltefrist.
Bob muss den Veräußerungsgewinn in Höhe von 19.600 Euro daher komplett zusammen mit seinen Arbeitnehmereinkünften in Höhe von 40.000 Euro mithin insgesamt 59.600 Euro versteuern. Bei einem Steuersatz von ca. 25 % entfällt auf das private Veräußerungsgeschäft eine (Mehr-) Steuerbelastung von ca. 5.000 Euro.
Variante 3 / Variante 4:
Bob erzielt in der Variante 3 und Variante 4 durch den Verkauf der Aktien jeweils Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 2 EStG. Die Haltefrist spielt bei der Veräußerung von Aktien keine Rolle.
Der steuerbare Veräußerungsgewinn berechnet sich wie folgt:
24.000 Euro
./. 4.000 Euro
./. 801 Euro (Werbungskostenpauschbetrag)
= 19.199 Euro
Bob muss den Veräußerungsgewinn in Höhe von 19.199 Euro neben seinen Arbeitnehmereinkünften mit dem Abgeltungssteuersatz von 25 % versteuern. Die Steuer beträgt demzufolge ca. 4.800 Euro. Allerdings kann Bob die Günstigerprüfung beantragen, da sein persönlicher Steuersatz (ohne die Kapitaleinkünfte) nur 19 % beträgt. Die Steuer beträgt sodann 3.674 Euro.
Die Beispiele zeigen, dass Veräußerungsgewinne aus Aktien und Kryptowährungen in ihrer steuerlichen Belastung durchaus vergleichbar sind.
Der große Vorteil von privaten Veräußerungsgeschäften mit Kryptowährungen gegenüber Aktien liegt darin, wenn Kryptowährungen nach Ablauf der Spekulationsfrist verkauft werden. Denn dann ist der Veräußerungsgewinn komplett steuerfrei. Veräußerungsgeschäfte mit Aktien dagegen sind ungeachtet der Haltefrist stets steuerpflichtig.
Wird die Haltefrist bei Kryptowährungen beachtet, gibt es keinen Grund vor dem Finanzamt in Angst und Schrecken zu verfallen. Anders dürfte dies zu beurteilen sein, wenn in den vergangenen Jahren “vergessen” wurde, entsprechende Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften mit Kryptowährungen gegenüber dem Finanzamt zu deklarieren. In diesen Fällen könnte ggf. die Abgabe einer Selbstanzeige noch vor einer Bestrafung schützen.
von Rechtsanwalt Martin Figatowski, LL.M. (Tax)
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